Erfolgsstory: Der junge Karatekämpfer Eugen Keler

Eugen Keler erhielt jüngst die Nominierung in das Jugend-Nationalteam des Deutschen Karate Verbandes (DKV) und amtiert nun als Deutscher Vizemeister in der Klasse Jugend Kumite Jungen +70 Kg. Er trainiert an der Karate-Schule Nippon Bremerhaven und blickt bereits mit 18 Jahren auf viele Erfolge innerhalb deutscher und internationaler Wettbewerbe. Weltkarate ist das nächste Ziel. Eugen hat kasachstandeutsche Wurzeln und wuchs in Rostock und Bremerhaven auf. Da sich Eugen infolge einer Kampfverletzung beim Turnier den Unterkiefer operieren lassen musste und das Schreiben dem Sprechen bevorzugt, beantwortet er via Facebook-Chat alle Fragen zu seinem Leben. Eugen freut sich über die Aufmerksamkeit, die ihm durch den russlanddeutschen Verband und VadW zuteilwird.

Eugens Wurzeln

Für Eugen liegt der Geruch von Heimat in den Straßen und der Gegend, in denen er aufgewachsen ist. In Bremerhaven. Was Eugens Bezug zu seinen russlanddeutschen Wurzeln angeht, so fühle er sich „kasachstandeutsch“. Ihm und seiner Familie lag immer viel daran, die russische Muttersprache zu bewahren. Sie sprechen allesamt fließend Russisch. In Kasachstan war er schon mal zu Besuch, er könnte sich aber nicht vorstellen, Deutschland jemals zu verlassen, dafür ist er hier zu sehr verwurzelt und gewöhnt an die hiesigen Umgangsformen und seine Freunde.

 

Eugen alias Zhenja alias Eugene

„Meine Eltern nennen mich „Eugen“, auch viele andere in der Schule. Bei der Arbeit rufen mich einige „Eugene“, auf Englisch ausgesprochen. Meine Freundin und manchmal auch meine Freunde nennen mich „Zhenja“. „Jewgenij“ kam niemals vor.“ Ob die Eltern bei der Namensgebung wussten, dass Eugen aus dem Griechischen kommt mit der Bedeutung wohl geboren, edel?

Eugen ist tatsächlich ein gut aussehender 18 Jahre junger Mann mit besonderen Talenten. Seinen Kampfsinn, die dazu notwendige Kraft und Ausdauer lenkt er mit abendlich fleißigem Training neben seiner Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann in seine Vision als olympischer Karatekämpfer.

Doch zurück zu den Ursprüngen. Woher kommen Eugen und sein Antrieb?

Lebend in Bremerhaven, ist diese Stadt seit frühester Kindheit sein Zuhause. Als Kasachstandeutsche siedelten seine Eltern im Jahre 1997 nach Rostock über. Eugen wurde dort im gleichen Jahr geboren, seine Familie zog jedoch bereits im darauffolgenden Jahr nach Bremerhaven, da sich der dortige Arbeitsmarkt als vielversprechender herausstellte. Sein Vater arbeitete in Kasachstan in der Armee und als LKW-Fahrer. Diesen Beruf übt er auch heute noch in Deutschland aus. Seine Mutter ging schon immer vielen verschiedenen beruflichen Tätigkeiten nach. Seit den sich häufenden Erfolgen ihres Sohnes unterstützt sie ihn zunehmend aktiv bei seiner Karriere und den damit verbundenen Herausforderungen.

 

Auf dass Karate eine olympische Sportart werde!

Die Entscheidung für den Kampfsport entsteht bei Eugen erstmals aus dem Wunsch heraus, sich zu verteidigen, da er sich in den Schulanfängen als Kind oft ausgeliefert fühlte. Er berichtet von Situationen auf dem Spielplatz, in denen er gehänselt und gemobbt wurde. Oft kam er weinend nach Hause. Als es zu körperlichen Auseinandersetzungen kam, keimte in ihm die Idee auf, mit dem Kampfsport zu beginnen. Der Verteidigung wegen. Und so begann er als 8-Jähriger an der städtischen Bremenhavener Karate Schule Nippon zu trainieren, bis das Hobby mit jedem weiteren Sieg bei Turnieren verstärkt zum Lebenselixier wurde. Er nimmt an verschiedenen Wettbewerben teil – in Deutschland, Polen, Österreich, in Baltischen Ländern. Mehrmals gewinnt er den 1., 2. oder 3. Platz, wird mit Urkunden und Pokalen ausgezeichnet: Bei der Deutschen Meisterschaft in der Kategorie Junior bekommt er 2011 den 2. Platz, bei der Euro Grand Prix in Polen 2015 den 1. Platz. Er wird mehrfacher Bremer und Norddeutscher Meister.

Das Jahr 2015 endet für Eugen mit einem Highlight. Er reiste mit einer Delegation vom Deutschen Karate Verband nach Tokio, um bei Wettbewerben teilzunehmen. Insgesamt waren mehr als 400 Athleten beteiligt. Der Traum des großen Weltkarate hat ihn gepackt. In der japanischen Hauptstadt werden 2020 die Olympischen Spiele ausgetragen und das Weltkarate hat einen weiteren Anlauf unternommen, um in das Programm der Olympischen Spiele aufgenommen zu werden. Eugen ist aber guter Dinge, dass das Weltkarate im Bewerbungsprozess den olympischen Status erhält.

Derweil feilt Eugen weiter an seiner Technik. Der Kontakt mit dem Gegner dürfe nicht zu hart sein. Bei Karate muss man schnell sein und gleichzeitig klar bei Verstand. „Du musst sehr bewusst entscheiden, was du tust und wie du es tust“, sagt Eugen. Man muss natürlich auch darauf gefeit sein, dass sich der Gegner genauso wünscht zu siegen und bereit ist, alles zu geben. Mit jedem Antritt beim Wettkampf muss er seine Aufregung überwinden, da vieles passieren kann in einem Zweikampf. Doch die Angst sollte nicht überhand nehmen. „Nur so wird man siegen. Lieber gut kämpfen und verlieren, anstatt schlecht zu kämpfen und zu gewinnen.“ Das ist Eugens Devise.

Gelernt hat er auch von anderen Sportarten. So zum Beispiel vom Eishockey. Dies sei eine besondere Sportart: Mannschaftssport auf dem Eis. Eugen hat besondere Achtung vor der russischen Mannschaft, bei jeder Eishockey-WM feuert er diese an. Des Weiteren schaut er sich bevorzugt die Mixed Martial Arts – Gemischte Kampfkünste an. Der bekannte russische Sambo- und MMA – Kämpfer Fjodor Wladimirowitsch Jemeljanenko ist sein größtes Vorbild.

 

Karate Kid oder doch Einzelhandelskaufmann?

Eugen Keler ist sogar bereits beides. Nach einer normalen Schullaufbahn mit Absolvierung der 10. Klasse macht sich Eugen schnell daran, einen Plan B auszutüfteln: falls es nämlich mit dem Karate nicht bis zum Olymp klappen sollte!

Zurzeit befindet er sich im zweiten Ausbildungsjahr beim real,- Markt als Einzelhandelskaufmann. Er hat vor, diese Ausbildung zu beenden, doch lässt ihn seine Vision als olympischer Karatekämpfer nicht los. Hartnäckig trainiert er jeden Abend neben seiner Ausbildung weiter an der sportlichen Karriere und nimmt teil an Wettbewerben.

Bei der Frage, was seine Eltern ihm als eine Art Vorbereitung für das Leben auf den Weg mitgegeben haben, antwortet er schnell und sehr verantwortungsbewusst, dass es wichtig sei, keinen Streit zu provozieren und seine Kampfkunst nur im äußersten Fall zur Verteidigung anzuwenden.

 

Helena Goldt (Kolb)

 

 


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