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Einfach nur so.

Soll einer die Jugend verstehen!

ODER DER TEUFELSKREIS DES GENERATIONENKONFLIKTS

Immer wieder fragt sich die ältere Generation, was die Jugendlichen eigentlich wollen. Wie können wir junge Menschen dauerhaft in die Arbeit unseres Verbandes integrieren und damit langfristig für eine Fortsetzung der Arbeit sorgen? Wie können wir junge Menschen dazu motivieren, sich für die Ziele der LmDR einzusetzen? Wie das Interesse an unserer Kultur und Geschichte wecken? Basierend auf Gesprächen mit aktiven Ehrenamtlichen, die generationenübergreifende Projekte durchführen oder Jugendgruppen betreuen, wurden in diesem Beitrag einige „Regeln“ zusammengetragen, die man bei der Arbeit mit Jugendlichen berücksichtigen sollte.

„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“

Einige Vertreter der älteren Generation werden diesen Worten vielleicht nickend zustimmen. Scheint eine aktuelle Aussage zu sein, nicht wahr? Ganz und gar nicht! Diese Zeilen stammen von Sok rates und liegen somit weit in der Vergangenheit. Bereits der griechische Philosoph, der etwa 469 bis 399 vor Christus lebte, hatte wohl einiges an der Jugend auszusetzen. Und so wiederholt sich das von Generation zu Generation. Sobald wir erwachsen werden, meinen wir, alles besser zu wissen und zu können. Dann schütteln wir genauso den Kopf über die Jugend, wie die Generation vor uns auch mal den Kopf über uns geschüttelt hat. Ein Teufelskreis.

Der Generationenkonfl ikt ist keine Erfi ndung der heutigen Zeit. Immer wieder kommt es auch innerhalb der Arbeit unseres Verbandes zu Konfl ikten zwischen Jung und Alt. Grund dafür ist nicht nur das Alter. Es sind vielmehr die unterschiedlichen Ansichten, Interessen und Erfahrungen. Generationenkonfl ikte sind so alt wie die Welt selbst. Aber was will nun die Jugend eigentlich?

Es ist schwierig, über die Jugend als Gesamtes zu sprechen – oder für sie zu sprechen. Auch junge Menschen unterscheiden sich untereinander. Sie haben verschiedene Interessen, bringen einzigartige Geschichten mit und haben eigene Vorstellungen von bestimmten Dingen und Abläufen. Jugend liebt die Freiheit und das Abenteuer. Manche Strukturen innerhalb der LmDR empfi nden sie als veraltet. Sie sehnen sich nach innovativen Projektideen und attraktiven Angeboten, die ihren Interessen entsprechen.

Die ältere Generation ihrerseits unterstellt den Jungen nicht selten mangelndes Interesse und fehlende Sensibilität. Doch diese Vorwürfe stimmen nicht so ganz: Es gibt mittlerweile sehr viele junge Deutsche aus Russland, die sich mit der Geschichte ihrer eigenen Familie und dem Schicksal der Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion befassen. Ahnenforschung ist aktuell wie nie. Begriff e wie Identität und Heimat gewinnen immer mehr an Bedeutung. Junge Menschen tauschen sich in sozialen Medien über ihre Vorfahren und ihre Spurensuche aus. Sie unternehmen Reisen in die alte Heimat ihrer Eltern und Großeltern. Das Interesse an der eigenen Geschichte wird weiter steigen, wenn junge Deutsche aus Russland ihre Recherchen nicht nur im stillen Kämmerlein betreiben, sondern damit auch an die Öff entlichkeit gehen. Es gibt mittlerweile Blogs, Foren auf sozialen Netzwerken, journalistische und literarische Beiträge, ja sogar Filme, die sich mit der Geschichte der Russlanddeutschen auseinandersetzen.

Was die sogenannten veralteten Strukturen betriff t: Die Jugend sollte ihrerseits bedenken, dass unsere ältere Generation die Basis der Arbeit bei der Landsmannschaft bildet. Die Älteren engagieren sich teilweise seit mehreren Jahrzehnten, somit sollte man die Strukturen nicht als veraltet, sondern eher als vertraut bezeichnen. Diese Menschen haben einst zueinander gefunden, weil sie etwas bewirken wollten. Das darf man nicht einfach unter den Tisch fallen lassen. Die Leistung der älteren Generation muss anerkannt und gewürdigt werden. Gleichzeitig sollte man aber mit der Zeit Schritt halten und off en für Veränderungen sein.

Wir Erwachsenen tendieren oft dazu, der Jugend vorzuschreiben, was sie zu tun hat und wie. Wissen wir doch alles besser! Nicht immer. Jugend möchte nicht herumkommandiert, sondern gehört und verstanden werden. Die Jugendlichen wollen sich aktiv am Prozess beteiligen, und frische Ideen können für die Arbeit sehr bereichernd sein. Wenn sie aber das Gefühl bekommen, dass man ihnen nichts zutraut und sie nur ständig kontrolliert werden, verlieren sie schnell die Lust und ihre Motivation sinkt.

Das größte Problem stellen jedoch die unterschiedlichen Erfahrungen dar, die Menschen prägen und in ihren Ansichten formen. Ein Beispiel: Jemand, der in einer deutschen Familie in der Sowjetunion geboren und durch alle Schrecken der Repressionen gegangen ist, unterscheidet sich in seiner Wahrnehmung und Einstellung zu Russland von einem jungen Menschen, der aus einer gemischten (deutsch-russischen) Ehe kommt und in Russland eine schöne Kindheit und Jugend ohne Diskriminierung erlebt hat. Wie kommt man in solchen Situationen auf einen gemeinsamen Nenner? Mit Geduld und der Bereitschaft, für die andere Seite Verständnis aufzubringen. Das Schicksal der älteren Generation darf nicht ignoriert oder bagatellisiert werden. Wir können uns nicht immer auf die Vergangenheit berufen, aber wir dürfen sie auch nicht vergessen.

Der Jugend darf aber auch kein Vorwurf gemacht werden, dass sie das alles nicht erlebt hat. Im Gegenteil, wir sollten dankbar dafür sein, dass der jungen Generation das Schicksal ihrer Großeltern erspart geblieben ist. Doch auch die Erfahrungen der jungen Deutschen aus Russland sind wichtig. Ihre Erlebnisse und Eindrücke fl ießen ebenfalls in die große Geschichte der Russlanddeutschen ein. Auch sie müssen sichtbar werden.

Und nicht zuletzt: Am besten miteinander statt übereinander reden!

Welche Erfahrungen habt ihr, liebe Leser, mit Jugendlichen und der Jugendarbeit innerhalb unseres Verbandes gemacht? Wo gibt es Schwierigkeiten und welche spannenden Geschichten könnten Sie uns über die Jugendarbeit erzählen?

Kathaina Martin-Virolainen


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