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Einfach nur so.

Der Bundesvorstand der Jugend-LmDR stellt sich vor: Alexander Deitner

"Wir müssen der Öffentlichkeit zeigen, dass wir da sind!"

Alexander Deitner ist zwanzig Jahre alt und studiert im zweiten Semester Jura an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Seine Eltern stammen aus Kasachstan, Gebiet Zelinograd. Alexander ist bereits in Deutschland geboren, in Halle an der Saale. Als er ein Jahr alt war, zog seine Familie nach Germersheim in Rheinland-Pfalz. Seit 2017 engagiert sich Alexander Deitner in der LmDR, ist im Vorstand der Kreis- und Ortsgruppe Germersheim, Mitglied des Landesvorstandes von Rheinland-Pfalz und im Bundesvorstand der Jugend-LmDR. Wir haben mit Alexander über sein Interesse an der russlanddeutschen Geschichte und seine Motivation, sich in der LmDR zu engagieren, gesprochen.

VadW: Alexander, wie kamst du eigentlich zur Landsmannschaft?

Alexander: Man könnte sagen, dass ich seit meiner Geburt bei der Landsmannschaft bin, da mein Vater Mitglied ist. Wir haben schon immer die Zeitschrift „Volk auf dem Weg“ bekommen, und ich fand es als Kind spannend, darin zu blättern. Irgendwann habe ich angefangen, die Artikel zu lesen. Das hat mein Interesse geweckt.

Und was hat dich dazu bewegt, selbst aktiv zu werden?

Früher gab es in Germersheim eine Kreis- und Ortsgruppe der LmDR. Leider wurde die Gruppe aus unterschiedlichen Gründen aufgegeben. Ende 2017 traf ich mich mit ein paar Freunden, und wir haben beschlossen, die Arbeit wiederaufzunehmen. Die Kreis- und Ortsgruppe Germersheim wurde wieder ins Leben gerufen, wir haben einen Vorstand gewählt und uns überlegt, wie wir die Arbeit gestalten können.

Welche Aktionen konntet ihr bisher umsetzen und welche Pläne habt ihr für die Zukunft?

Wir treffen uns regelmäßig, unternehmen etwas gemeinsam oder nehmen an Veranstaltungen teil. Im Dezember vergangenen Jahres haben wir bei den Russlanddeutschen Kulturtagen mitgewirkt und in Germersheim eine Veranstaltung zum Thema „Verarbeitung von transgenerationalen Traumata der Russlanddeutschen in Kunst, Kultur und Medien“ organisiert. Am 24. Januar 2019 hat ein Abend zum Thema „Christenverfolgung: Wo der Glaube am meisten kostet“ stattgefunden. Wir möchten unsere Arbeit weiterentwickeln und versuchen, unsere Ideen umzusetzen. Unsere Gruppe besteht überwiegend aus jungen Leuten, die zwanzig oder noch jünger sind. Unser Wunsch ist es, mehr ältere Menschen ins Boot zu holen. Bei unseren Treffen überlegen wir uns immer, was wir für die ältere Generation anbieten können, damit sie sich unserer Kreis- und Ortsgruppe anschließen.

Welche Bedeutung hat für dich das Engagement in diesem Bereich?

Ich interessiere mich sehr für die Geschichte meiner Vorfahren, denn sie ist auch ein Teil meiner Geschichte. Sie hat eine sehr große Bedeutung für mich. Jeder junge Mensch stellt sich irgendwann die Fragen: Woher komme ich? Woher kommen meine Eltern oder Großeltern? Welchen kulturellen Hintergrund habe ich? Mein Großvater, der als Kleinkind aus Wolhynien nach Kasachstan deportiert wurde, hat mir viel über sein Leben erzählt. Mich fasziniert es, dass die Menschen trotz aller Widrigkeiten überleben konnten. Dass sie trotz der Deportationen und Repressionen ihre Kultur und Sprache bewahrt haben. Obwohl es gefährlich war, haben sie untereinander weiter auf Deutsch gesprochen. Einige haben ihre Bibeln und Gesangsbücher bewahrt, obwohl sie dafür sogar verhaftet werden konnten. Das zeugt von einer unglaublichen Stärke.

Warum interessieren sich einige junge Leute aber gar nicht dafür?

Wahrscheinlich fehlen ihnen die Berührungspunkte. Die junge Generation bekommt nicht mehr viel mit vom tragischen Schicksal der Russlanddeutschen. Die Älteren haben noch diese bildlichen Erinnerungen. Sie haben die Deportationen, die Repressionen, die Kommandantur oder die Diskriminierung erlebt. Die Umsiedlung nach Deutschland ist vielen ebenfalls noch in Erinnerung. Doch Ihre Nachkommen sind meistens schon hier geboren und aufgewachsen. Sie können mit der alten Heimat der Eltern nichts anfangen. Begriffe wie Tradition, Heimat und Kultur sind mir persönlich sehr wichtig. Ich finde es schade, dass meine Generation sich so wenig dafür interessiert. Wenn wir nicht darüber reden, die Geschichte und die Erzählungen unserer Großeltern nicht festhalten, dann gehen sie irgendwann unter und werden vergessen. Es gibt Familien, in denen gar nicht darüber gesprochen wird! Das ist schade. Das Interesse und die Bereitschaft müssen von beiden Seiten kommen. Das betrachte ich als eine meiner Aufgaben: die junge Generation dafür zu sensibilisieren.

Warum ist es so wichtig, dass junge Menschen sich für die Geschichte interessieren und sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen?

Grundsätzlich hat jeder die Freiheit, selbst zu entschieden, wer er ist und ob er sich für seine Geschichte interessiert oder nicht. Wenn jemand sich damit nur für sich selbst beschäftigt, ohne dabei an die Öffentlichkeit zu gehen, dann ist es seine Entscheidung. Ich persönlich finde, dass dieses Thema in die Öffentlichkeit gehört, denn man weiß immer noch viel zu wenig über uns. Dort waren unsere Leute die Deutschen, hier sind sie die Russen. Da fehlt es noch an Aufklärung. Es geht nicht darum, dass man immer große Aktionen macht, sondern dass man zusammenkommt und über wichtige Themen diskutiert, die uns Deutsche aus Russland betreffen. Dass wir der Öffentlichkeit zeigen, dass wir da sind. Dass wir erklären, wer wir sind.

Was würdest du dir von unseren Landsleuten wünschen?

Dass sie sich stärker in der Politik engagieren. Ich bin politisch aktiv, bin Mitglied der CDU und Vorsitzender der Jungen Union in Germersheim. Ich versuche, die Themen und Anliegen unserer Landsleute zu vertreten. Wir regen uns immer darüber auf, dass unsere Themen nicht auf der Tagesordnung stehen. Wie auch, wenn keiner sie vorbringt? In der Politik sind unsere Leute unterrepräsentiert. Im Landtag von Rheinland-Pfalz gibt es keinen einzigen russlanddeutschen Abgeordneten. Ich verstehe, dass unsere Landsleute sehr vorsichtig sind. Viele sind noch von der Zeit in der Sowjetunion geprägt. Dort gab es damals nur eine Partei, und wenn man sich politisch engagieren wollte, hieß es: entweder diese Partei – oder es wird gefährlich. Diese Haltung überträgt sich auch auf die Kinder und Enkel. Ich würde mir sehr wünschen, dass sich das ändert. Aber dafür müssen wir selbst etwas tun.

Die Fragen stellte Kathaina Martin-Virolainen.


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